Langhaus mit Holzschindeln
“Zeiteninsel”. Das klang erst einmal sehr geheimnisvoll. Ich las es irgendwo und notierte den Termin für eine offene Führung. Dann fuhren wir hin, ohne vorher gegoogelt zu haben. Das Navi brachte uns zum Parkplatz neben der Ochsenburg, von dem aus es ein weiter Fußweg bis zum Eingang wurde. Jetzt müsste der Eingang doch kommen, aber jetzt, aber jetzt….und dann endlich! Südseeinseln sind auch nur schwer erreichbar.
Insel? Ja, tatsächlich. Das kleine Flüsschen Allna, das 19 km aus dem Gladenbacher Bergland bei Argenstein bis in die Lahn fließt, wurde angezapft und um eine Erdfläche herumgeleitet. Eine Insel war entstanden.
Zeiteninsel? Hierauf wurden im Laufe der Jahre 5 Zeitstationen gebaut: Die Mittelsteinzeit (9600 – 5500 vor Christus) – Jungsteinzeit (5500 – 2200 v.C.) – Bronzezeit (2200 – 800 v.C.) – Eisenzeit = Keltenzeit (1200 v.C. – 1025 n.C.) und Römerzeit (200 v.C. – 480 n.C.) Apropos Kelten: Der Dünsberg ist gut vom Museum aus zu sehen.
Geburtsjahr der Zeiteninsel war 1999 – nur als Idee. Als Ausgleichsmaßnahme für den Autobahnähnlichen Ausbau der B3 wurde in der Nähe der Kiesgruben bei Niederweimar ein Gelände auserkoren.
Mittelsteinzeit – Jungsteinzeit – Bronzezeit – Eisenzeit – Römische Kaiserzeit
In einer Woche dürfen Sie wieder dorthin fahren! An jedem 1. Samstag im Monat (nächstes Mal am 3. August) öffnet die Zeiteninsel ihre Pforten für Besucher/innen zu einer offenen Führung. Bitte vorher anmelden (sihe unten). Kinder sind immer herzlich willkommen. In den Schulferien ein schöner Ausflug!
Auf dem Kiesgrubengelände ist der Denkmalschutz seit Jahrzehnten immer dabei. Jeder neue Aushub wird bis in 80cm Tiefe untersucht. Gefunden wurden vor allem Stücke aus der Bronzezeit. Was ansonsten in den Häusern ausgestellt wird, stammt aus anderen Gegenden Hessens. Viele Ehrenamtliche arbeiten seit Jahren auf dem Gelände. Fachfirmen, die auf Freilichtmuseen spezialisiert sind, erbauten die Häuser. Denn die Bauaufsichtsbehörde hat ein gewichtiges Wort mitzureden. Die doppelten Spaltwände sind mit Stroh gefüllt. Gegenüber dem Bronzezeithaus ist ein Langhaus mit Apsis (= halbkugelförmiger Raum an der Stirnseite eines Hauses, meist bei Kirchen). Das deutet auf ein herrschaftliches Haus. Die Sippe des Schmiedes könnte so eines besessen haben. Etwa 30 – 40 Personen lebten darin.
Frau Allamode bat die Gruppe ums Feuer. Sie setzte sich auf einen dreibeinigen Hocker und nahm einen weiteren mit längeren Beinen auf die Oberschenkel, das war ein Kniehocker, der als Tisch verwendet wurde.
In einem Haus befindet sich ein “Schwerkraftwebstuhl”, d.h. die Kettfäden werden mit Steinen oder mit Sand gefüllten Beuteln straff gehalten. Dieses Verfahren erfordert das Kämmen nach oben.
Für die Herstellung von Bronze muss die Temperatur zwischen 1050 und 1100 °C betragen. Kupfer (90%) kam aus dem Westerwald, Zinn (10%) aus England. Man brauchte also viel Holzkohle. Zum Eisenschmelzen werden sogar 1500°C benötigt. Wer die Dünsberggeschichte kennt, weiß, dass der Berg zur Keltenzeit abgeholzt war. Hier ist der Grund.
Wähend unseres Besuches sahen wir Bronze- und Eisenzeitverfahren und eine Imkerin bei der Arbeit. Es gibt einen kleinen Rennofen (Renn- von rinnen), der äußerlich wie ein abgeschnittener Termitenbau aussieht. Im September wird angeboten, aus dem Roheisen “Fibeln” zu formen. Eine Fibel ist eine Gewandnadel, die sehr dekorativ sein kann und nach dem Prinzip der Sciherheitsnadel den Stoff zusammenhält.
Auf der Webseite der Zeiteninsel sieht man den Einbaum “Hecht” auf seiner Jungfernfahrt. Er erhielt während unseres Besuches den letzten “Schliff” bzw. mit einem sogenannten Dexel die glättenden Hohlkerben. Zwei Personen arbeiteten etwa 10 Tage daran.
Uns gefiel die Führung durch Frau Allamode sehr gut. Sie hat wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen selbst immer mal wieder eine Woche in einem der Häuser nach den Gegebenheiten der jeweiligen Epoche gelebt und kann daher aus eigener Erfahrung berichten. Begleitet wurde sie von der Museumspädagogin Alina Nieswand, die seit kurzem fest angestellt ist. Das Projekt Zeiteninsel geht seiner Vollendung bis zur offiziellen Eröffnung als Museum entgegen. Der erste Spatenstich für das Inselzentrum erfolgte im Juni 2023, das Haus ist schon gut gediehen.
Offene Führung August 2024
1 / 1 Termine
- Übergang zum Gelände
- Offene Führung August 2024
- 03.08.24 (Sa.)
- 11:00 Uhr – 12:00 Uhr
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- noch Plätze frei
Bei der Anfahrt richten sie sich bitte nicht nach der Ansage des Navis! Dann landen Sie nämlich neben der Ochsenburg und haben einen langen Anmarschweg vor sich. Dieser Parkplatz wird genutzt, sobald das Inselhaus steht und regelmäßig geöffnet ist.
Fahren Sie bis Argenstein Wenkbacher Straße und nutzen Sie die Zufahrt zum Café Zeitlos (das leider erst ab 15.00 Uhr geöffnet ist) oder parken Sie auf dem Parkplatz vor der Feuerwehr.
Weitere Informationen finden Sie über diesen Link: Zeiteninsel
Fotos Winfried Senger und Eveline Renell